Frauentag am 08.März 2017 International

Am 8.März ist Internationaler Frauentag!

Vor 107 Jahren schlug Clara Zetkin auf der zweiten Internationalen sozialistischen Frauenkonferenz einen Frauenkampftag vor, der bis heute weltweit begangen wird.

Wir möchten diesem Tag hier in Offenbach unsere Aufmerksamkeit schenken, aber dabei auch die globale Entwicklung im Auge behalten.

Über die Grenzen Offenbachs hinaus gilt unsere Aufmerksamkeit einem Aufruf feministischer Gruppen aus rund 30 Ländern an, die zu einem „International Women´s Strike“ am 8.März 2017 mobilisieren. Weiter unten findet Ihr den Appell von Angela Davis, Nancy Frazer und anderen, den wir für wichtig und kraftvoll halten.

Haltet Augen und Ohren offen und prüft die einschlägigen Medien, ob diese fortschrittliche Bewegung auch in Europa und Deutschland Wiederhall findet. Wenn sich konkrete Aktionen entwickeln, halten wir Euch natürlich auf dem Laufenden.

 
Solidarische Grüße

 

DIE LINKE -Offenbach Stadt

Karen Reusch

(Vorsizende)

 

Aktivistinnen und Akademikerinnen aus den USA rufen für den 8. März zum Frauenstreik auf. Sie schließen sich damit der Bewegung für die Rechte von Frauen in Lateinamerika und anderen Ländern an:

 

Die grandiosen Frauenmärsche des 21. Januar sind möglicherweise der Startpunkt einer neuen, militanten Welle feministischer Kämpfe.Worauf allerdings soll sie sich genau konzentrieren? Unserer Ansicht nach reicht es nicht aus, sich gegen Trump und seine aggressiv frauenfeindliche, homosexuellenfeindliche, transfeindliche und rassistische Politik zu stellen. Wir müssen gleichzeitig den laufenden neoliberalen Angriff auf soziale Sicherheit und Arbeitsrechte ins Visier nehmen.


Trumps offenkundiger Frauenhass mag zwar der unmittelbare Auslöser für die große Resonanz am 21. Januar gewesen sein – Angriffe auf Frauen(und alle arbeitenden Menschen) jedoch gibt es schon wesentlich länger als seine Regierung. Die Lebensbedingungen von Frauen, insbesondere die von Women of Color, arbeitenden beziehungsweise erwerbslosen und eingewanderten Frauen haben sich in den vergangenen 30 Jahren stetig verschlechtert – bedingt durch die zunehmende Bedeutung der Finanzmärkte sowie konzerngesteuerte Globalisierung.
Der Lean-In-Feminismus und andere Varianten des Feminismus der Unternehmenswelt waren eine Pleite für die allermeisten von uns, die eben keinen Zugang zu individueller Selbstvermarktung und Aufstiegschancen haben und deren Lebensbedingungen nur durch eine Politik verbessert werden können, die soziale Reproduktion verteidigt, reproduktive Gerechtigkeit absichert und Arbeitsrechte gewährleistet.


Wir meinen, dass die neue Welle der Frauenmobilisierung alle diese Belange direkt angehen muss. Sie muss ein Feminismus für die 99 Prozent sein.
Die Art Feminismus, die wir anstreben, kristallisiert sich international bereits heraus, in Kämpfen auf der ganzen Welt: vom Frauenstreik in Polen gegen das Abtreibungsverbot bis hin zu den Frauenstreiks und Protesten in Lateinamerika gegen männliche Gewalt,
von den großen Frauendemonstrationen im vergangenen November in Italien bis hin zu den Protesten und Frauenstreiks um reproduktive Rechte in Südkorea und Irland.


Was an diesen Mobilisierungen auffällt, ist, dass einige den Kampf gegen männliche Gewalt mit dem Protest gegen die Normalisierung von Arbeits- und Lohnungerechtigkeit verbunden haben und sich gleichzeitig gegen Homosexuellenfeindlichkeit, Transfeindlichkeit und rassistische Einwanderungspolitik positionierten. Zusammen läuten sie eine neue, internationale feministische Bewegung mit einer erweiterten Zielsetzung ein: gleichzeitig antirassistisch, antiimperialistisch, anti-heterosexistisch und anti-neoliberal.


Wir möchten zur Entwicklung dieser neuen, weiter ausgreifenden feministischen Bewegung beitragen. Als ersten Schritt regen wir an, eine internationale Streikbewegung gegen männliche Gewalt und zur Verteidigung reproduktiver Rechte am 8.März aufzubauen. Damit schließen wir uns feministischen Gruppen aus rund 30 Ländern an, die zu einem solchen Streik aufrufen.


Der Grundgedanke dabei ist, Frauen – einschließlich Transfrauen – und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer zu einem internationalen Kampftag zu mobilisieren, einem Tag der Streiks, Märsche, Straßenblockaden, Brücken- und Platzbesetzungen, Ausstand in der häuslichen Arbeit, Pflege und Sexarbeit; einem Tag des Boykotts und der Benennung frauenfeindlicher Politik und Unternehmen sowie der Bestreikung von Bildungseinrichtungen.

Diese Aktionen haben zum Ziel, die Bedürfnisse und Hoffnungen derjenigen sichtbar zu machen, die vom Lean-In-Feminismus ignoriert wurden: Frauen auf dem regulären Arbeitsmarkt, Frauen, die im Bereich der sozialen Reproduktion und Pflege arbeiten und erwerbslose sowie prekär beschäftigte Frauen.

Die Inspiration dieses Feminismus für die 99 Prozent stammt aus dem argentinischen Bündnis »Ni Una Menos«. Seiner Definition nach hat Gewalt gegen Frauen viele Facetten: häusliche Gewalt ebenso wie die Gewalt von Markt, Verschuldung, kapitalistischen Eigentumsverhältnissen und Staat; die Gewalt einer Rechtslage, die lesbische Frauen, Transfrauen und queere Frauen diskriminiert; die Gewalt der staatlichen Kriminalisierung von Migrationsbewegungen; die Gewalt des Gefängnisapparats und die institutionelle Gewalt gegen Frauenkörper in Form von Abtreibungsverboten und fehlendem Zugang zu gesundheitlicher Versorgung und kostenlosen Abtreibungen.
Ihre Perspektive begründet unsere Entschlossenheit, den institutionellen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Angriffen auf muslimische und eingewanderte Frauen, Women of Color, arbeitende und erwerbslose Frauen sowie lesbische, zwischengeschlechtliche und Transfrauen.

Die Frauenmärsche des 21. Januar haben gezeigt, dass auch in den Vereinigten Staaten eine neue feministische Bewegung entstehen könnte – nun geht es darum, diesen Schwung nicht zu verlieren.

Lasst uns gemeinsam am 8. März in den Streik treten, auf die Straße gehen, marschieren und demonstrieren. Lasst uns die Gelegenheit dieses internationalen Aktionstags nutzen, um den Lean-In-Feminismus endgültig abzuhaken und an seiner Stelle einen Feminismus für die 99 Prozent aufzubauen, einen antikapitalistischen Feminismus von unten – einen Feminismus, der solidarisch ist mit arbeitenden Frauen, ihren Familien und Verbündeten weltweit.
Von Linda Martín Alcoff, Cinzia Arruzza, Tithi Bhattacharya, Nancy Fraser, Barbara Ransby, Keeanga-Yamahtta Taylor, Rasmea Yousef Odeh und Angela Davis.

(Zuerst veröffentlicht im Viewpoint-Magazin. Übersetzung: Marion Wegscheider