Pressemitteilung der Stadtverordneten Peter Schnell und Markus Philippi
Der Magistrat der Stadt Offenbach hat am 15.04.2020 beschlossen, einen Expertenrat Wirtschaftsförderung zu gründen. Die Fraktion DIE LINKE wird dazu eine Magistratsanfrage stellen.
Der Stadtverordnete Peter Schnell kritisiert die Planungen des Magistrats: „Die Einrichtung eines Expertenrats Wirtschaftsförderung ist das falsche Signal an die Offenbacher Bürgerinnen und Bürger.
Er schafft an der Öffentlichkeit vorbei einen privilegierten Zugang der “beratenden” Wirtschaftsvertreter zum Magistrat. Ein solcher Zugang läuft allen Bemühungen zuwider, dass die Menschen über Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten eine positivere Einstellung zu unserem demokratischen Gemeinwesen gewinnen und dieses als von jedem mitgestaltbar erleben. Mit diesem Zweck haben die Stadtverordneten vor gut zwei Jahren eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die einen Prozess zur Entwicklung von Leitlinien zur Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern durchführen sollte. An diesem Prozess wirkten auch viele interessierte Bürgerinnen und Bürger mit und die AG wird bald ihr Ergebnis vorlegen können. Ich selbst habe die Arbeit der AG die ganze Zeit aktiv begleitet, um für eine die Menschen mehreinbindende und offene Kommunalpolitik, statt einer Politik der Hinterzimmer zu streiten. Dabei darf in meinen Augen die Interessensvertretung der Wirtschaft gerade keine herausgehobene Stellung erhalten. Ihre Akteure sollen durch die Leitlinien – wie jede andere Person mit einem Lebensschwerpunkt in unserer Stadt – bessere, aber eben untereinander gleichberechtigte Möglichkeiten der Mitgestaltung erhalten. Diesem Gedanken spricht ein solcher Expertenrat Hohn. Dass dieser sich nichtöffentlich in „exklusiven“ – also dem Wortsinne nach ausschließenden – Locations treffen soll, bestätigt meine Vorbehalte.“
In der Presse war zu lesen, dass es sich bei der Entscheidung der Stadtverordneten über diesen Antrag um eine nur formale Zustimmung handelt. Peter Schnell: „Diese Zustimmung als reine Formsache abzutun, würdigt die Bedeutung der Stadtverordnetenversammlung herab. Es ist nicht die Aufgabe des Magistrats, die Entscheidungen der Stadtverordneten vorwegzunehmen. Und kaum eine Magistratsvorlage wird von den Stadtverordneten kritiklos hingenommen, nicht vor und nicht hinter den Kulissen. Diese ganz sicher auch nicht. Die Stadtverordneten bilden sich ihre eigene Meinung, ehe sie ihre Entscheidungen treffen. Sie müssen diese schließlich auch vor der Bevölkerung verantworten.“
Der Stadtverordnete Markus Philippi ergänzt: „Ich habe zu dieser Vorlage eine Magistratsanfrage gestellt, um mir die Planungen des Magistrats genauer erklären zu lassen. Die Geschäftsordnung definiert nicht, wer diesem sogenannten Expertenrat angehören soll. Die Expertinnen und Experten werden im Gegensatz zu anderen Beiräten der Stadt (bspw. dem Naturschutzbeirat) nicht gewählt, sondern vom Magistrat eigenmächtig ernannt. Das erinnert uns sehr an den Gestaltungsbeirat, dessen erste Sitzung – entgegen der ausdrücklichen Entscheidung der Stadtverordneten – vom Magistrat einberufen wurde und der wichtige gestalterische Entscheidungen in der Offenbacher Innenstadt ohne die Kontrolle des Parlaments getroffen hat. Zudem ist es für uns nicht hinnehmbar, dass die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Expertenrat nicht vertreten sind. Wirtschaftsförderung geht nicht ohne die Expertise der Beschäftigten. In Offenbach mag Wirtschaftsförderung zwar Chefsache sein, aber das heißt nicht, dass die Betriebsräte nicht auch ein Wörtchen mitzureden haben.
Wir wollen auch wissen, wie der Magistrat uns Stadtverordnete über die Ergebnisse der Sitzungen informieren will. Bisher ist im Konzept dazu nichts zu lesen und wir befürchten, dass diese informellen Treffen sich der demokratischen Kontrolle entziehen werden. Das kann nicht im Sinn der Sache sein, denn wenn Offenbach schon eine Expertise einholt, dann sollte sie allen Stadtverordneten – oder im besten Fall der gesamten Bevölkerung – zugänglich sein.
Auch können wir keine Kostenschätzung für die „exklusiven Locations“ in den Planungen des Magistrats finden – bei den klammen Stadtkassen ist das eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Wir wollen genau wissen, was uns diese elitären Treffen kosten sollen. Die Stadt Offenbach kann sich keine nutzlosen Dinnerpartys für Wirtschaftsexperten leisten.“
DIE LINKE Offenbach setzt sich für eine demokratische, transparente und beteiligungsorientierte Stadtpolitik ein. Der Expertenrat Wirtschaftsförderung ist das Gegenteil davon.