Aktionstag :Abrüsten statt Aufrüsten

Unsere Genoss*innen bei der Aktion am Hafen

Am 05.12. 2020 rief die Offenbacher Friedensinitiative zum Aktionstag auf. Die Veranstaltung fand am Hafenbecken statt. Der Kreisverband DIE LINKE.Offenbach-Stadt hat diese Aktion unterstützt. Der stellvertretende Kreisvorsitzende Andy Uphoff hielt eine Rede zum Thema Wohnen:

Um uns herum sehen wir hier ganz deutlich das Ergebnis der aktuellen Wohnpolitik der Stadt Offenbach, die aber nur ein Beispiel ist für eine Entwicklung, die sich spätestens seit den 70er Jahren in ganz Deutschland abspielt: die stetige Vernachlässigung des sozialen Wohnungsbaus zugunsten hochpreisiger Luxusappartments.

Ein Beispiel: Die Sozialwohnungsquote in Offenbach ist in den letzten Jahren stetig gesunken, sie liegt aktuell bei ca. 6%. Doch Offenbach hat sich selbst eine freiwillige Sozialwohnungs-Quote von mindestens 30% im Neubau gesetzt, um einen Zuwachs an Sozialwohnungen zu erzeugen. Wie kommt also der stetige Rückgang von Sozialwohnungen zustande?

Die Antwort liegt im Detail: Einerseits gilt diese 30%-Quote nicht für private Grundstücke, sondern nur für den Verkauf von städtischen Grundstücken. Diese städtischen Grundstücke sind jedoch fast nicht mehr vorhanden, da auch Offenbach im Zuge der Privatisierungswelle der letzten 30 Jahre einen Großteil seiner Grundstücke bereits verkauft hat.
Andererseits wird diese selbst gesetzte 30%-Quote immer wieder bewusst unterlaufen, um Prestigeprojekte umzusetzen, die zu einer sogenannten ‚Aufwertung‘ der Stadt führen soll. So auch hier im Hafenareal, wo diese Quote kurzerhand vollkommen ausgesetzt wurde.
Damit werden bewusst ärmere Menschen aus den ‚aufzuwertenden‘ Gebieten verdrängt, um Platz für reicheren Mittelstand zu machen.

Der soziale Wohnungsbau wird also anscheinend von der Stadt Offenbach, ebenso wie in allen anderen Ballungsgebieten Deutschlands, als nicht mehr zeitgemäß, abgetan. Stattdessen soll die sogenannte Subjektförderung wachsen, also keine Zuschüsse für Wohnungsbau, sondern Zuschüsse zur Miete, beispielsweise durch das Wohngeld. Was bedeutet das?
Daneben, dass für das Ausfüllen eines Wohngeldantrags quasi ein Jurastudium fast unabdingbar scheint (wie ich beim Ausfüllen meines Wohngeldantrags selbst merken musste), ist diese Art der Subjektförderung nichts anderes als eine indirekte Subventionierung der Wohnungsunternehmen, die für ihre zu teuren Mieten auch noch belohnt werden durch staatliche Zuschüsse auf diese Mieten.

Doch auch der Soziale Wohnungsbau selbst hat einen großen Haken: in aller Regel läuft die Sozialbindung der Wohnungen nach spätestens 10-15 Jahren aus. Danach können diese Wohnungen munter luxussaniert und die vormaligen Mieter*innen verdrängt werden.

Das Grundproblem des Wohnungsmarkts liegt also woanders, es ist schon am Namen erkennbar: Wohnungsmarkt. Ein Markt dient dem Absatz von Waren, er unterliegt dem kapitalistischen Gesetz der Profitmaximierung. Das bedeutet für den Wohnungsmarkt: Wohnungsunternehmen investieren nur dort, wo sie am meisten Profit erwarten. Deshalb wird an sogenannten ‚unattraktiven‘ Standorten so lange nicht in die häufig dringend notwendige Instandhaltung der Mieteinheiten investiert, wie damit nicht gleichzeitig wesentlich höhere Miteinnahmen in Aussicht stehen. Nach dieser Logik ist die Verslummung bestimmter Gegenden genauso wie die Verdrängung ärmerer Menschen quasi natürlicher Bestandteil der Wohnsituation einer Stadt.

Gegen diese Logik hilft langfristig nur ein Mittel: Wohnen muss dem Markt entzogen werden. Wohnen ist ein Grundbedürfnis aller Menschen und muss deshalb auch ein Grundrecht aller Menschen sein! Dieses Grundrecht kann nicht durch einen kapitalistisch organisierten Markt gewährleistet werden, sondern muss und kann nur durch die Stadt Offenbach, muss und kann also nur durch den Staat gewährleisten werden! Doch dieser deutsche Staat, um den Bogen zurück zum heutigen Thema zu spannen, leistet sich lieber eine aufgerüstete Bundeswehr zur ‚Wahrung deutscher Interessen am Hindukusch‘ und anderswo, als die Grundrechte seiner Bewohner*innen sicherzustellen.

Eine andere Politik ist nur möglich, wenn wir, die verschiedensten Initiativen und Bewegungen, die sich beispielsweise auch heute hier versammelt haben, zusammen mit den wenigen linken Kräften in den Parlamenten, gemeinsam agieren, Druck aufbauen, uns gegenseitig unterstützen und ein anderes, ein besseres Zusammenleben und Zusammenwohnen erkämpfen!