2021-26/DS-I(A)0101 – Antrag DIE LINKE vom 26.08.2021
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Die Stadtverordnetenversammlung spricht sich für den Start eines Cannabis-Modellprojekts in Offenbach aus. Der Magistrat wird beauftragt, die Initiative für ein gemeinsames Modellprojekt zur Entkriminalisierung von Cannabis zu ergreifen und Gespräche mit der Stadt Frankfurt und der hessischen Landesregierung zu führen, um ein solches Projekt voranzubringen.
Begründung:
Untersuchungen belegen, dass Cannabis ein deutlich geringeres Abhängigkeitspotential birgt als etwa Alkohol, körperliche Entzugssymptome treten auch bei fortgesetztem Konsum nur selten auf. Medizinische Studien beschreiben die Auswirkungen des Cannabiskonsums insgesamt als deutlich weniger schädlich als den Konsum von Alkohol. Deshalb ist die Legalisierung von Cannabis auch längst überfällig.
Zweck und Ziel des geltenden Betäubungsmittelgesetzes ist (laut Regierungsvorlage des Betäubungsmittelgesetzes 1981, BT Drucks. 8/3551, S. 23 f.) der Schutz der menschlichen Gesundheit sowie eine Regelung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln, um deren Sicherheit und Kontrolle zu gewährleisten, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und den Missbrauch von Betäubungsmitteln sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit zu verhindern.
Der § 3 (2) BtMG erlaubt explizit Ausnahmegenehmigungen „zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken“. In einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Januar 2000 (AZ2 BvR 2382 – 2389/99) heißt es: “Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist danach auch ein öffentlicher Zweck, der im Einzelfall die Erteilung einer Erlaubnis (…) rechtfertigen kann.” Über den § 3 kann jede Person, aber auch jeder Verein und jede Gemeinde einen Modellversuch zur Abgabe von Cannabis beantragen. Das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger lief beispielsweise ebenfalls über diesen Paragraphen.
Rechtlich ist ein Modellprojekt zur regulierten Abgabe von Cannabis also möglich, denn es liegt eindeutig im öffentlichen Interesse. Durch eine städtisch kontrollierte Ausgabe kann endlich eine Qualitätskontrolle der Produkte erfolgen, die Konsument:innen müssen nicht mehr gesundheitsschädliche, verschnittene Ware kaufen. Die Einnahmen, die die Stadt durch eine regulierte Abgabe der Droge erzielt, können zur Finanzierung von Suchtpräventions- und Informationsangeboten verwendet werden. Der Wegfall von überflüssigen Kontrollen und Strafverfolgung von Cannabisgebraucher:innen würde die Polizeien entlasten.
Die neue Koalition in Frankfurt plant in ihrem Koalitionsvertrag ebenfalls ein Modellprojekt zur Entkriminalisierung von Cannabis: „Zur regulierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene in Frankfurt wollen wir ein Modellprojekt etablieren unter Berücksichtigung von Jugendschutzaspekten. Die regulierte Abgabe hätte das Potenzial, die Verbraucher:innen zu schützen, die Justiz zu entlasten und den illegalen Drogenhandel zu reduzieren.“ Die hessische Landeregierung hat bereits ihre Unterstützung für ein Modellprojekt signalisiert. Die Frankfurter Koalition hat angekündigt, auch auf andere Kommunen zuzugehen. Offenbach sollte diese Chance ergreifen und proaktiv auf den Start eines Modellprojekts hinwirken. Die Rhein-Main-Region könnte damit Vorreiterin in der längst überfälligen Entkriminalisierung der weichen Droge werden.