Wohnungen statt Notunterkünfte

2021-26/DS-I(A)0087 – Antrag DIE LINKE. vom 24.08.2021

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat wird beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten, um die seit Jahren bestehende Überlastung der Notunterkünfte zu beenden. Zu prüfen sind insbesondere die Möglichkeiten, dass eine städtische Stelle Wohnungen anmietet und an Menschen weitergibt, die seit längerem in Notunterkünften leben müssen oder dass die Stadt Vermieter:innen Mietgarantien bietet, wenn sie Wohnungen an Menschen vergeben, deren Suche längere Zeit erfolglos war. Das Konzept soll auch Menschen einbeziehen, die aus dem Frauenhaus oder aus Einrichtungen für psychisch Kranke heraus eine eigene Wohnung suchen.

Das Konzept ist der Stadtverordnetenversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen.

Begründung:

Die Zahl der Menschen, die in Offenbach in Notunterkünften übernachten müssen, steigt seit Jahren. 2019 waren laut Sozialbericht 550 Menschen täglich betroffen. In Notunterkünften zu leben bedeutet meist eine Unterbringung in Mehrbettzimmern. Die Möglichkeiten, Essen zu kochen, sind oft sehr eingeschränkt. Besucher:innen sind in den Zimmern in der Regel nicht zugelassen. Das Leben in Notunterkünften stellt für die Betroffenen eine enorme Belastung dar, insbesondere, wenn Kinder im Haushalt leben.

Durch die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt ist es schwierig, aus einer Notunterkunft heraus eine neue Wohnung zu finden. Die Stadt führt keine Statistiken über die Dauer des Aufenthalts in Notunterkünften, aus Erfahrungsberichten ist der antragstellenden Fraktion aber bekannt, dass einige Betroffene länger als ein Jahr in den Einrichtungen leben müssen. Dazu kommt, dass die Übernachtungen pro Kopf abgerechnet werden und für die öffentlichen Kassen deutlich teurer sind, als etwa die Anmietung einer Wohnung im mittleren Preissegment. Für Stadt und Betroffene ist das eine Lose-Lose-Situation.

Aus dem Frauen- und Kinderhaus und aus Einrichtungen für psychisch kranke Menschen wird bereits seit Jahren berichtet, dass die Bewohner:innen enorme Probleme haben, eine Wohnung zu finden, wenn ihr Aufenthalt in der Einrichtung eigentlich beendet werden könnte. Menschen in dieser Situation in die Obdachlosigkeit zu entlassen ist ein echter Schildbürgerstreich, denn therapeutische Erfolge werden damit zerstört.

Um die Situationen zu entschärfen, sind verschiedene Lösungen denkbar. Die Stadt (oder ein von der Stadt beauftragter sozialer Träger) kann etwa Vermieter:innen Mietgarantien bieten, wenn sie Wohnungen an Menschen vergeben, deren Suche längere Zeit erfolglos war. Bedenken gegenüber der Zahlungsfähigkeit der Betroffenen werden so ausgeräumt.

Eine andere Möglichkeit ist, dass die Stadt selbst Wohnungen anmietet und sie an Menschen weitergibt, die seit längerem in Notunterkünften leben müssen. Die Stadt ist für alle Mietangelegenheiten erste Ansprechpartnerin für die Vermieter. Sie bezahlt die Miete und gibt die Mietkosten an die Untermieter weiter, die ihre Mietzahlung von der MainArbeit oder dem Sozialamt erhalten oder von ihrem Einkommen und ggf. Wohngeldzuschuss finanzieren. Falls sich eine Differenz zwischen dem tatsächlichen Mietpreis und dem erstattungsfähigen Mietpreis nach den Deckelungen des zuständigen sozialen Leistungserbringers ergibt, wird diese durch die sinkenden Kosten für Notunterkünfte ausgeglichen.

Zielführend ist bei einem solchen Projekt, Beschäftigte mit pädagogischer Qualifikation einzusetzen, die die Betroffenen bei der Lösung von aufkommenden Problemen unterstützen. So wird für Vermieter:innen das Risiko eines Mietausfalles bzw. von nicht bezahlten Mietschäden ausgeschlossen und die Mieter:innen erhalten Unterstützung bei der Bewältigung ihres Alltags. Ähnliche Modellprojekte in verschiedenen hessischen Kommunen haben gezeigt, dass so insbesondere ältere Menschen als Vermieter gewonnen werden können, die bisher den Aufwand scheuten, Mietwohnungen zu verwalten und Mieter:innen zu betreuen.