Zum aktuellen Erziehungs- und Bildungsbericht erklärt die Stadtverordnete Marion Guth:
„Wer arm ist, macht im Durchschnitt seltener Abitur. Der kürzlich veröffentlichte Erziehungs- und Bildungsbericht für Offenbach bestätigt erneut eine traurige Realität: Soziale Herkunft entscheidet maßgeblich über Bildungschancen.
Die Zahlen sprechen für sich: In der Stadt mit der geringsten Kaufkraft Deutschlands sind die Abgangsquoten für das Abitur mit 14,9 % deutlich niedriger als im hessenweiten Durchschnitt. Gleichzeitig fällt die hohe Zahl der Schulabgänger*innen ohne Hauptschulabschluss und der im Vergleich der hessischen Großstädte höchste Anteil von Abgänger*innen, die nur über einen Hauptschulabschluss verfügen, auf.
Und das ist kein Zufall. Der Bericht bestätigt eine besorgniserregende Entwicklung: Soziale Ungleichheit verfestigt sich weiter, da Bildungschancen stark von der sozialen Herkunft abhängen. Der Abbau sozialer Ungleichheit stellt eine der dringendsten Aufgaben im Bildungssystem dar – doch ohne ausreichende finanzielle Mittel ist diese Aufgabe nicht zu bewältigen. Denn gerade im Bildungsbereich führt die Gleichbehandlung von Ungleichen zur Festigung von sozialer Ungerechtigkeit.
Vom Bund kommen derweil nur weitere Kürzungen, was zu einer Verschärfung der Problemlagen führen wird.
Ein alarmierendes Beispiel ist die Kürzung der Eingliederungsmittel der MainArbeit von 9,3 Millionen Euro im Jahr 2023 auf lediglich 2,3 Millionen Euro im Jahr 2025 durch den Bund. Die MainArbeit kann dadurch wesentlich weniger Sprach- und Qualifizierungskurse anbieten. Allein in Offenbach werden 5000 Menschen weniger als zuvor adäquat für einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz vorbereitet werden können. Statt Menschen bedarfsgerecht zu fördern, wird soziale Ungleichheit für viele Jugendliche ohne Schulabschluss zementiert.
Während also die finanziellen Mittel drastisch gekürzt werden, steigen die Anforderungen an die Stadt kontinuierlich – sei es beim Ausbau der Ganztagsbetreuung, der Integrations- und Sprachförderung oder anderen Förderangeboten. Auch bei vermeintlich kleinen Dingen deutet sich ein Bedarf an. Ein Beispiel ist die dringend notwendige Förderung von Schwimmkursen, denn jedes dritte Kind in Offenbach im Grundschulalter kann nicht ausreichend schwimmen.
Offenbach leistet überdurchschnittliche Integrationsarbeit mit unterdurchschnittlichen Mitteln unter schwierigen Rahmenbedingungen. Doch so wie es ist, kann es nicht bleiben. Die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen gefährdet massiv das soziale Zusammenleben, insbesondere die Bildungschancen jüngerer Menschen. Die Diskrepanz zwischen Aufgaben und Ressourcen führt zur
Verstetigung sozialer Ungleichheit. Der Erziehungs- und Bildungsbericht zeigt die Probleme in Offenbach klar auf. Für uns als Linke reicht es aber nicht aus, immer nur mit dem Finger nach Berlin oder Wiesbaden zu zeigen. Dieselben Parteien, die auf Bundes- und Landesebene für die verheerende Sparpolitik verantwortlich sind, beklagen dann auf kommunaler Ebene die Konsequenzen. Neben dem berechtigten Ruf nach mehr Geld müssen Magistrat und Koalition in Offenbach aber auch zeigen, welche konkreten Perspektiven es für mehr Bildungsgerechtigkeit in dieser Stadt gibt. Dies bleiben sie bislang schuldig.“