In Offenbach sind immer noch keine Menstruationsprodukte in den dafür vorgesehenen Spendern auf öffentlichen Toiletten und in weiterführenden Schulen zu finden. Die Linke hat in der Fragestunde der Stadtverordnetenversammlung beim zuständigen Dezernenten nachgefragt. Marion Guth kommentiert dazu:
„Drei Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung genügen nicht, um den zuständigen Dezernenten Paul-Gerhard Weiß dazu zu bringen, sie umzusetzen. Stattdessen präsentiert er Zahlen, die offensichtlich aus der Luft gegriffen sind.
Paul-Gerhard Weiß hat bereits im ersten Bericht vor drei Jahren eine völlig überzogene Kostenberechnung angegeben und über 330 000 Euro für das Projekt veranschlagt. Diese Summe würde ausreichen, um alle Offenbacherinnen in den Altersgruppen, in denen man üblicherweise menstruiert, mit den entsprechenden Produkten zu versorgen.
In einem zweiten Beschluss hat die Stadtverordnetenversammlung 10 000 Euro als Kostenrahmen für ein Pilotprojekt festgesetzt. Dieser Betrag ist ausreichend, das zeigt ein anderer Bericht aus dem Dezernat von Paul-Gerhard Weiß, nach dem für das Pilotprojekt zehn Toiletten fünf Monate lang für 5270 Euro mit Menstruationsprodukten ausgestattet wurden.
Diese Summe ist weit entfernt von den 218 000 Euro, von denen der Dezernent in der Fragestunde gesprochen hat. Die Kostenschätzung, die Paul-Gerhard Weiß in der Fragestunde präsentierte scheint ohnehin nicht belastbar, denn die Aufzählung der einzelnen Posten ergibt eine Summe von 214 000 Euro statt der angegebenen 218 000 Euro. Zudem bezog sich die Rechnung auch auf Spender in Sportanlagen und Jugendzentren – Spender an diesen Orten sind zwar wünschenswert, ihre Aufstellung ist im Beschluss der Stadtverordneten aber nicht vorgesehen.
Die Ausgabe in Sekretariaten, wie von Paul-Gerhard Weiß in der Fragestunde angekündigt, ist in der Antragsbegründung vom Januar 2024 ausdrücklich nur als Notlösung vorgesehen, falls es durch die Ausgabe in den Toiletten zu dauerhaften Verschmutzungen kommt. Mit ein bisschen Einfühlungsvermögen kann man sich schließlich vorstellen, dass es besonders für pubertierende Mädchen unangenehm ist, im Sekretariat nach Binden oder Tampons zu fragen – am besten, wenn noch Jungs anwesend sind.
Die hohen Kosten wurden unter anderem mit den Schäden durch Vandalismus begründet, die durch die Ausgabe der Menstruationsprodukte verursacht würden. Die Spender würden aus der Wand gerissen und die Toiletten verstopft. Stichprobenartige Besuche der Linken auf öffentlichen Toiletten haben allerdings ergeben, dass die Spender dort durchaus noch hängen und nicht aus der Wand gerissen wurden. Sie werden aber nicht mehr befüllt, obwohl es hier um die grundlegende Versorgung mit Hygieneartikeln geht.
Paul-Gerhard Weiß hat im ersten Bericht eine Kostenrechnung vorgelegt, die um ein Vielfaches höher war als die tatsächlichen Kosten. Eine so weit überhöhte Kostenrechnung ist entweder grobe Unachtsamkeit oder sie ist Absicht, damit das Projekt mit Verweis auf die städtische Haushaltslage nicht umgesetzt werden kann. Wenn dann derselbe Dezernent das Projekt stillschweigend einstellt, ohne die Stadtverordneten darüber zu informieren, lässt das nur den Schluss zu, dass er die bestehenden Stadtverordnetenbeschlüsse ignoriert. Dieses Verhalten ist für ein Magistratsmitglied untragbar.“