Der Magistrat der Stadt Offenbach hat endlich die Energie- und Treibhausgasbilanz für die Jahre 2020-2022 vorgelegt. Der Bericht liefert wichtige Daten über die Entwicklung klimaschädlicher Emissionen und die Wirksamkeit der städtischen Strategie zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes in Offenbach. Die Veröffentlichung der Bilanz hatte sich zuletzt immer wieder verzögert. Nun zeigt sich: Zwar konnten rückblickend Emissionen in großem Umfang eingespart werden – durch das Wachstum der Stadt und die Ansiedlung von Unternehmen und Rechenzentren können die selbstgesteckten Ziele aber voraussichtlich nicht erreicht werden. Dazu erklärt Marion Guth:
„Offenbach wird seine Ziele zur Reduzierung klimaschädlicher Emissionen verfehlen, wenn nicht sehr bald sehr viel größere Anstrengungen unternommen werden. Klimakiller Nummer eins bleibt weiterhin der Autoverkehr, doch auch durch den zukünftig erhöhten Energiebedarf am Inno-Campus und den Bau weiterer Rechenzentren, droht man den CO₂-Absenkungspfad in Offenbach zu verlassen.“
„Zwar ist es gelungen, den Ausstoß von Treibhausgasen sowohl pro Kopf als auch absolut seit Beginn der Bilanzierung im Jahr 2005 fast zu halbieren und damit das selbst gesetzte Ziel des Klimakonzepts 2035 mit einer Senkung der Pro-Kopf-Emissionen um eine Tonne CO₂-Äquivalente alle fünf Jahre sogar zu übertreffen “, so die Fraktionsvorsitzende der Linken weiter. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass dies zu einem guten Teil auf die Stilllegung der Industrie auf dem ehemaligen Allessa-Gelände zurückzuführen ist.“
Die industrielle Wiederbelebung des Allessa-Areals im Offenbacher Osten und insbesondere die Inbetriebnahme neuer Rechenzentren drohen die Einsparungen der letzten Jahre nun wieder einzukassieren, wie man dem Bericht entnehmen kann. Marion Guth: „Sobald am Inno-Campus die Maschinen heiß laufen, werden der Energiebedarf und die damit einhergehenden Treibhausgas-Emissionen in Offenbach in die Höhe schießen. Noch dicker kommt es, wenn das riesige Rechenzentrum gleich gegenüber in der Kettelerstraße ans Netz geht. Zusammen mit den weiteren geplanten Rechenzentren im Stadtgebiet wird ein jährlicher Stromverbrauch erwartet, der dem 2,7-fachen des Gesamtverbrauchs in Offenbach entsprechen soll. Der Anteil erneuerbarer Energien ist in Offenbach immer noch sehr gering. Solange der riesige Strombedarf für die Rechenzentren nicht zum größten Teil aus möglichst lokal erzeugten, erneuerbaren Energien gedeckt wird, sabotiert man mit ihrer Inbetriebnahme die vielfältigen Anstrengungen zum Klimaschutz in Offenbach.“
Auch der fossil betriebene Individualverkehr wirkt sich weiterhin besonders negativ auf die Bilanz aus. Hier konnten keinerlei signifikante Verbesserungen erzielt werden, stattdessen gibt es laut Bericht eine Stagnation auf hohem Niveau. „Sowohl was den Energiebedarf, als auch den Ausstoß von Treibhausgasen angeht, schlägt der Verkehrssektor in der Bilanz ordentlich zu Buche, was vor allem am individuellen Autoverkehr liegt. Die viel klimafreundlicheren Busfahrten nehmen dagegen nach wie vor einen zu geringen Anteil am Verkehrsaufkommen der Stadt ein. Das zeigt uns: Statt der leidigen Diskussionen bei jedem neuen Radweg und einem unterfinanzierten ÖPNV, braucht es auch in Offenbach deutlich mehr Tempo bei der Mobilitätswende“, erklärt Guth dazu.
„In den von den Autoren des Berichts entworfenen Szenarien kann ein Anstieg der Treibhausgasemissionen in Offenbach bis 2035 nur abgewendet werden, wenn ein enormer und vor allem zügiger gesamtgesellschaftlicher Wandel erfolgt. Dieser sollte durch effizientere Technologien, einen deutlich höheren Anteil erneuerbarer Energien und weniger fossil betriebenen Autoverkehr erreicht werden. Passiert all das nicht im notwendigen Umfang, wird man die Ziele zur Treibhausgasabsenkung in Offenbach nicht einhalten können – und damit auch mit den negativen Folgen klarkommen müssen. Ergänzend muss aber gesagt werden, dass der in Offenbach verfolgte Reduktionspfad aufgrund des global bereits in fortgeschrittenem Maße ausgereizten CO₂-Budgets noch nicht einmal ausreicht, um dem 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Abkommen gerecht zu werden.
Die Lage ist also ziemlich angespannt. Auch wenn viele Entwicklungen nicht in der Hand der Stadt liegen, erwarten wir doch eine klare Kommunikation vom Magistrat. Noch immer wurde die Klima- und Treibhausgasbilanz für die Jahre 2020 bis 2022 nicht auf der Website der Stadt hochgeladen. Es gab weder eine Pressemitteilung des Magistrats dazu, noch eine Präsentation im Umweltausschuss. Man kann sich nicht in einer Tour für die zweifelsohne positiven wirtschaftlichen Entwicklungen loben, die Schwierigkeiten, die das hinsichtlich der Klimabilanz mit sich bringt, aber verschweigen. Klimaschutz ist in Zeiten allgegenwärtiger Stimmungsmache von rechts noch viel weniger ein ‚Feel-Good-Thema‘ als vor ein paar Jahren. Das darf jedoch nicht dazu führen, dass wir nicht mehr darüber sprechen“, so Marion Guth abschließend.