Erinnerung an 100 Jahre Karfreitagsputsch

Die Ereignisse des Karfreitags 1919

Der Karfreitagsputsch oder auch der „blutige Freitag von Offenbach“ beschreibt den Zusammenstoß zwischen aufständigen Bürger*innen und den staatlichen militärischen Kräften am 18.04.1919 an einer Kaserne in der Bieberer Straße (heute befinden sich dort die Finanzämter).

Die Ausgangslage war folgende: Die politische Macht lag beim Volksrat. Dieser bestand hauptsächlich aus Sozialdemokrat*innen und bürgerlichen Liberalen. Die „Volkswehr“ war die dem Volksrat unterstehende Armee. Diese Bestand hauptsächlich aus USPD- Mitgliedern.

Aus Unzufriedenheit über die politischen Verhältnisse und aufgrund der sich u.a. als Folge des Krieges immer mehr verschlechternden Verhältnisse (steigende Brotpreise, immer mehr Militär wird in Offenbach stationiert, anhaltende Auseinandersetzungen) riefen die KPO und die USPD zu einer Kundgebung auf. Dem Aufruf folgten am Karfreitag den 18.04.1919 ca. 5000 Menschen, die sich auf dem Wilhelmsplatz versammelten. Die kommunistischen Redner*innen attackierten von der Plattform eines LKW aus verbal die hessische Staatsregierung und den Offenbacher Volksrat, dem die Volkswehr bereits die militärische Unterstützung versagt hatte. Willy Eisenreich stellte in seinem Redebeitrag einige Forderungen dar. Diese umfassten den Sturz des Volksrates, die Besetzung der staatlichen Ämter und die Einsetzung eines Arbeiter*innenrates unter kommunistischer Führung.

Ca. 1000 Demonstrant*innen wurden von Willy Eisenreich angeführt, als es zu dem Zusammenstoß zwischen Demonstrierenden und den Truppen, die die hessische Regierung in Offenbach stationiert hatte kam. Wie es zur Eskalation kam ist bis heute unklar. Es wird vermutet, dass sich der erste tödliche Schuss löste, als eine 25- jährige Demonstrantin nach dem Maschinengewehr eines Soldat griff. Von staatlicher Seite wurde verbreitet, eine Handgranate aus der Menge habe zum Kampf geführt.

Mit der militärischen Unterstützung aus Frankfurt und den dort stationierten Reichswehrsoldaten konnte der Aufstand niedergeschlagen werden. Es starben mindestens 17 Menschen und es gab 26 Verletzte. Dies kennzeichnet diesen Aufstand als den blutigsten der Offenbacher Stadtgeschichte.

Die Folgen für die Offenbacher*innen waren eine nächtliche Ausgangssperre und Versammlungsverbote außerdem wurde die Volkswehr entwaffnet und aufgelöst

Das Leben und Sterben des Willy Eisenreich

Willy Eisenreich wurde am 13.09.1882 in Zwickau geboren und war gelernter Schlosser.

Er war Mitbegründer der KPD in Offenbach und war vorher bereits Mitglied in der „Anarchistischen Vereinigung Offenbach a.M. und Umgebung“. Er galt lange als Gegenspieler von Georg Kaul.

Eisenreich wurde wegen Rädelsführerschaft beim Karfreitagsputsch zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Nicht zuletzt als Folge dieser Haft wurde er psychisch krank. Am 24.04.1941wurde er in einer der Gaskammern der Euthanasie- Tötungsanstalt in Hadamar im Rahmen der T4- Aktionen umgebracht.

Sein Stolperstein liegt in der Schlossstraße.

Gedenken in Offenbach und Perspektiven

Vor wenigen Jahren wurde das Ereignis des Karfreitagsputsches durch ein Bündnis in das Bewusstsein der Offenbacher Stadtgesellschaft zurückgeholt. In den Jahren 2014 und 2015 fanden diverse Veranstaltungen statt um der Ereignisse des Karfreitags 1919 sowie Willy Eisenreichs zu gedenken. Dabei wurde stets die Idee einer neuen Welt und das Verständnis einer solidarischen Gesellschaft in Offenbach in den Mittelpunkt gestellt.

Am 19.04.2014 wurde vom Offenbacher Kulturdezernenten eine Gedenktafel an der Einfriedung der heutigen Finanzämter angebracht, um an den „blutigen Freitag zu erinnern.

Auch heute sollten Ereignisse wie der Karfreitagsputsch nicht in Vergessenheit geraten.

Denn dies ist als militante Aktion gegen staatliche Repression und eine gegen den damaligen Militarismus gerichtete Aktion zu sehen. Außerdem wurden damals schon Ziele einer solidarischen Gesellschaft formuliert und eine Perspektive für ein anderes Verständnis von Gesellschaft geschaffen.

„Remembering means Fighting“ war das Motto unter dem 2014 und 2015 zu Gedenkdemonstrationen aufgerufen wurde. Denn auch in der Erinnerung an Vergangenes wird deutlich woran sich der Kampf für eine emanzipatorische Gesellschaft ausrichtet. Nicht zuletzt die tragische Person Eisenreichs macht deutlich, wie die unterschiedlichen Kämpfe auf allen Ebenen mit einander in Verbindung stehen.