Rede zur vorzeitigen Absetzung des Bürgermeisters Peter Freier

Rede des Fraktionsvorsitzenden Sven Malsy zu DS-I(A)0030 Abberufung eines hauptamtlichen Ersten Beigeordneten (Bürgermeister)

„Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wir werden der Abwahl des Bürgermeisters nicht zustimmen. Wir waren unabhängig von politischen Differenzen immer gegen vorzeitige Absetzungen, nicht nur weil sie zu teuer sind. Vielmehr müssen wir uns im Klaren sein, in welcher Situation wir uns zur Zeit befinden. Für uns gibt es keine vernünftige Begründung, warum der jetzige Kämmerer nicht bis zum Ende seiner Amtszeit weitermachen kann. Wenn wir den Kollegen Freier jetzt abberufen, kostet uns das als Stadt etwa 200.000€. Das wäre leicht gespartes Geld, vor allem mit Blick darauf, was uns hier in 2 Wochen bevorsteht. Auf der einen Seite den ÖPNV radikal zusammenkürzen und auf der Anderen tausende Euro für parteipolitisches Geplänkel ausgeben, weil man nicht in der Lage ist über Grenzen hinweg konstruktiv zusammenzuarbeiten. Das ist einfach nur ein Trauerspiel.

Apropos sparen: War es nicht die Koalition, die sich in ihren Vertrag geschrieben hat, dass man sparen müsse? Fallen schon in der zweiten richtigen Sitzung diese Grundsätze, weil man es nicht schafft in der Verwaltung mit der Opposition zusammenzuarbeiten? Und ich sage hier mit Absicht Verwaltung. Und muss man deswegen jetzt einen eingearbeiteten Kämmerer, der seinen Job tatsächlich gut gemacht hat, durch jemand Neues ersetzen? Muss man mitten in einer globalen Pandemie dafür eine Sonder-Stadtverordnetenversammlung einberufen? Ist es wirklich so dringend? Wir denken nicht.

Denn auch in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass ein Oberbürgermeister aus der Opposition gut mit der Regierungskoalition zusammenarbeiten kann. So hat die SPD doch seit der OB-Wahl argumentiert. 2016 hat die FAZ über die Abwahl des damaligen Kämmerers Felix Schwenke noch aus SPD-Kreisen anderes zu berichten gewusst: „Der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Schneider hielt der Koalition vor, nur „machtpolitische Interessen“ zu verfolgen. Schwenke habe in den vergangenen vier Jahren eine hervorragende Arbeit geleistet.

“Warum sollte die Situation jetzt eine andere sein? Die letzten Jahre wurden genehmigungsfähige Haushalte aufgestellt. Die Bedingungen von Schutzschirm, Hessenkasse und Regierungspräsidium wurden eingehalten. Warum sollte die Situation jetzt eine andere sein? Sie ist es nicht – man scheint sich nur mehr um parteipolitische Interessen als um das Wohl der Stadt zu kümmern. Das lehnen wir entschieden ab und können das so nicht mittragen.

DIE LINKE hätte deutlich andere Ideen, was man mit 200.000€ alles machen könnte. Hier sind ein paar Beispiele:

  • Fünf öffentliche Toiletten
  • Zwei neue Steuergeräte für Ampeln
  • Ein neues Klassenraummodul für die Offenbacher Schulen
  • Zehn barrierefreie Spielgeräte für Offenbacher Spielplätze

Das sind nur ein paar Beispiele, wie man das Geld wegen Parteipolitik nicht zum Fenster rauswirft, sondern sinnvoll in die Zukunft unserer Stadt investiert.

Und da ist mir noch eine kleine Replik auf den neuen Koalitionsvertrag erlaubt. Die Ampelkoalition hat sich in den Koalitionsvertrag eine Präambel geschrieben, die heute schon nahezu alles, was auf diese folgt, obsolet macht.

Hier heißt es:

„Wir legen Wert auf sparsames und effizientes Haushalten. Um die aktuelle Finanzlücke auszugleichen, werden wir alle Kostenfaktoren überprüfen und stellen auch diesen Vertrag unter einen Finanzierungsvorbehalt.“

Daraus lässt sich folgern, dass mit der neuen Koalition die Stadt weiter Investorengesellschaften den roten Teppich ausrollen wird und damit der Ausverkauf unserer Stadt weiter geht.. Da die finanziellen Mittel Offenbachs weiter eng begrenzt sind, ist anzunehmen, dass die sozialen Projekte, von denen im Koalitionsvertrag die Rede ist, den Sparzwängen zum Opfer fallen werden. Wir sagen ganz klar und deutlich, dass dies mit uns so nicht zu machen ist und fordern die Koalition deshalb auf, statt an den Menschen, lieber an der parteipolitischen Eitelkeit zu sparen.

Abschließend, nochmal zusammengefasst: diese vorzeitige Abberufung geschieht grundlos und verschwendet Geld, das unsere Stadt dringend braucht.

Deswegen lehnen wir sie ab.

Vielen Dank.“