Dringlichkeitsantrag – Keine Bezahlkarte für Geflüchtete in Offenbach

Zu kommenden Stadtverordnetenversammlung haben wir einen Dringlichkeitsantrag eingereicht, der bisher nicht im Politischen Informationssystem (Pio) veröffentlicht wurde. Deshalb finden Sie diesen hier:

Keine Bezahlkarte für Geflüchtete in Offenbach

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

In Offenbach wird auf die Bezahlkarte als Mittel zur Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verzichtet.

Begründung:

Am 12.04.2024 hat der Bundestag den Änderungen am Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zugestimmt, wodurch die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete bundesrechtlich abgesichert werden soll. Zuvor hatten sich 14 von 16 Bundesländern bereits auf die Rahmenbedingungen für die Bezahlkarte geeinigt. Laut Hessischer Staatskanzlei kann mit der Einführung der Bezahlkarte in diesem Sommer gerechnet werden.

Durch das Bundesgesetz wird die Bezahlkarte, bei der es sich um eine guthabenbasierte Karte ohne Kontobindung handelt, als Option für die Leistungserbringung für Bezieher*innen von Leistungen nach AsylbLG aufgenommen. Ob die Bezahlkarten letztlich Anwendung finden, liegt aber weiterhin im Ermessen der Leistungsbehörden.

Wie sich die Funktionen der Bezahlkarten im Detail darstellen, wird durch die Bundesländer noch entschieden. Doch bereits die Rahmenbedingungen der Bundesländer weisen Aspekte auf, die zur Stigmatisierung und erheblichen Einschränkung der Freiheit von Geflüchteten führen können.

So sollen z.B. Überweisungen mit den Bezahlkarten nicht möglich sein. Das Abheben von Bargeld ist zwar vorgesehen, kann jedoch auf ein Minimum beschränkt werden und auch der Nutzungsbereich der Karte kann z.B. auf einen regionalen Bereich oder bestimmte Einkaufsmöglichkeiten oder Produkte beschränkt werden. Diese Funktionen können drastische Folgen für das Alltagsleben, die persönliche Freiheit und Bewegungsfreiheit der Betroffenen haben und sind auch aus datenschutzrechtlicher Hinsicht bedenklich.

Zudem untergräbt die Bezahlkarte Bemühungen um Integration und Teilhabe, indem sie eine Trennung zwischen Geflüchteten und anderen Bürger*innen schafft. In der alltäglichen Praxis wird es außerdem kaum möglich sein, immer mit der Bezahlkarte bezahlen zu können, so dass immer wieder auf Bargeld zurückgegriffen werden muss, welches wiederum nur begrenzt zu Verfügung steht.

Auch bleibt schleierhaft, welches Problem die Einführung einer Bezahlkarte adressiert. Die Argumentation für die Einführung der Bezahlkarte ist dabei mehr von Ressentiments gegen vulnerable Gruppen, als von Fakten geprägt. Ob und wie sich das Verwaltungshandeln mit einer Bezahlkarte vereinfachen wird, lässt sich nur in der Praxis bestätigen. Ebenso denkbar ist es, dass es im Gegenteil zu einem bürokratischen Mehraufwand kommen kann, z.B. durch die Bearbeitung von Widersprüchen und Klagen.

Auch ist die finanzielle Belastung für die Kommunen noch nicht bezifferbar, im Zuge der Einführung der Karte kann man zunächst aber eine Mehrbelastung erwarten. Die Mittel und Ressourcen, die für die Implementierung und Verwaltung dieses Systems aufgewendet werden müssen, könnten stattdessen effektiver zur direkten Unterstützung der Geflüchteten eingesetzt werden, etwa durch Sprachkurse, Bildungsprogramme und Integrationsprojekte. Die einfachste und menschenwürdigste Lösung bleibt weiterhin die Leistungserbringung über Girokonten oder Bargeld.

Die Stadt Offenbach sollte daher noch vor ihrer Einführung in Hessen ein klares Zeichen gegen die Bezahlkarte für Geflüchtete setzen und diese sozialstaatliche Verschärfung nicht mittragen. Stattdessen gilt es weiter für eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen zu kämpfen, um so die Bedingungen für eine echte soziale und wirtschaftliche Teilhabe aller Bürger*innen ermöglichen zu können.